Wildkatzennachweisprojekt im mittleren Saaletal


Wild, scheu und gefährdet - Samtpfote auf der Spur

NABU Bundesverband fördert erstes Wildkatzennachweisprojekt im mittleren Saaletal (NABU SHK e.V.)


Häufig Opfer des Straßenverkehrs
Aufgrund ihrer scheuen und sehr heimlichen Lebensweise bekommt man die Wildkatze (Felis silvestris) kaum zu sehen. Häufig sind es Totfunde in Form von Verkehrsopfern, die die Anwesenheit von Wildkatzen in einer Region bezeugen. Solche wurden für das Untersuchungsgebiet in der Region Saale-Holzland-Jena glücklicherweise noch nicht bekannt. Aus historischen Quellen erschlossen sich wenige Hinweise auf einzelne Beobachtungen noch im 19. Jahrhundert. Noch 1986 wurde eine "letzte" Wildkatze durch einen Jäger bei Waldeck erlegt.

Erste Wildkatzennachweise
Obgleich es zuerst nur eine Vermutung war und man eigentlich so gut wie nichts über Wildkatzenvorkommen im mittleren Saaletal wusste, stellten sich bald erste aktuelle Hinweise und schließlich auch eindeutige Nachweise für die Anwesenheit der kleinen scheuen Waldtiger heraus. So konnten durch den NABU SHK e.V. in den Jahren 2014 und 2015 erste spärliche Wildkatzenvorkommen und sogar auch deren Reproduktion in den strukturreichen Waldgebieten um Jena sicher belegt werden. Ein erster Erfolg, auch dank der Unterstützung zahlreicher ehrenamtlicher Helfer, die ab Herbst 2016 insgesamt mehr als 40 der sogenannten Wildkatzen-Lockstöcke auf einer Untersuchungsfläche mit mehr als 300 Quadratkilometern aufstellen, präparierten und regelmäßig über mehrere Untersuchungsphasen, von Dezember bis April, kontrollieren werden. Die fleißigen Helfer werden dann Fellhaare verschiedener Wildtiere, aber auch von Haus- und von Wildkatzen von den Lockstöcken absammeln. Mittels aufwendiger DNA-Analysen soll es schließlich gelingen die Anzahl der einzelnen Wildkatzen-Individuen im Untersuchungsgebiet zu bestimmen.

Bemerkenswerte Erkenntnisse
Die gewonnenen Erkenntnisse zu Wildkatzenvorkommen in den Waldgebieten um Jena sind das eine, die hochsensible Lage des Vorkommensgebietes unweit der
BAB 4 und nahe des städtischen Ballungsgebietes das andere. Schnell wurde klar, dass einerseits die naturräumlichen Gegebenheiten in der mittleren Saaleregion großes Potential für eine überregionale Vernetzung der bekannten Wildkatzenvorkommensgebiete zwischen dem Harz im Norden und dem Thüringer Schiefergebirge und dem Thüringer Wald im Süden aufweist, andererseits offenbar gravierende Probleme beim Schutz und der Wiedervernetzung der potentiellen und bekannten Wildkatzenlebensräume bestehen. Darüber hinaus sind die Wildkatze, wie auch der Luchs, immer noch im Jagdrecht als jagdbare Arten aufgeführt - mit ganzjähriger Schonzeit von Jägers Gnaden. Das ist vor dem Hintergrund des derzeitigen Schutzstatus beider Spezies völlig unverständlich.

Neues Projekt zum Schutz der Wildkatzen und ihrer Lebensräume
Unser Motto: nur was bekannt ist, kann auch geschützt werden! Es ist also von zentraler Bedeutung, die Nachweise zu etablierten Vorkommen von Wildkatzen in der Region Saale-Holzland-Jena zu dokumentieren. Diese waren bis dato nicht bekannt und konnten erstmalig in den Jahren 2014 und 2015 durch unsere Ehrenamtler kleinräumig erbracht werden (sogar die Reproduktion!). In enger Zusammenarbeit mit den Umweltbehörden, Forstämtern, Waldbesitzern und Jägern wollen wir zukünftig Wildkatzenvorkommen gemeinsam erfassen und für die Notwendigkeit des Wildkatzenschutzes sensibilisieren. Häufig werden forstwirtschaftliche Maßnahmen nicht mit der ausreichenden Rücksicht auf Habitatstrukturen für bedrohte und streng geschützte Arten durchgeführt. Jäger sollen durch unsere gewonnenen Erkenntnisse hinreichend sensibilisiert werden, um dadurch generell Abschüsse von wildkatzenfarbenen Katzen zu vermeiden. Mit den Forstämtern werden regelmäßig forstwirtschaftliche Maßnahmen abgestimmt, um deckungsreiche Waldstrukturen mit entsprechender Baumarten- und Altersklassenvielfalt vor Eingriffen zu bewahren, um die hochsensiblen Wildkatzen, insbesondere in der Zeit ihrer Jungenaufzucht, nicht zu stören oder gar zu vergrämen. Davon wiederum profitieren auch zahlreiche andere Arten.

Der Naturraum Saale-Holzland-Jena im mittleren Saaletal bildet aufgrund seiner überregional bedeutsamen Lage und als naturräumliches Bindeglied zwischen den Mittelgebirgen, mit seinen ausgedehnten Waldflächen und Rückzugsgebieten, einen idealen und besonders schützenswerten Lebensraum für die Wildkatze. Ausweislich bereits bekannter Wildkatzennachweise liegt diese Region auf dem Gebiet eines überregional sehr bedeutenden Grünkorridors, der potentiell als wichtigstes Bindeglied zwischen den Wildkatzenvorkommen im Süden und im Norden Mitteldeutschlands fungiert. Die hier befindlichen ostdeutschen Wildkatzenbestände fungieren gleichfalls als zentrales Bindeglied zu den isolierten Wildkatzenvorkommen in Osteuropa. Es ist daher von außerordentlicher Bedeutung insbesondere die hier beheimateten Wildkatzenvorkommen zu erfassen und zu schützen. Besonderes Augenmerk widmet das Nachweisprojekt dem Gebiet um den ehemaligen Streckenabschnitt, einer der meistfrequentierten Verkehrstrassen Europas, der BAB 4. Die durch ständige Staumeldungen bekannte Verkehrsader trennte noch bis 2015 zwei bedeutende Naturschutzgebiete mit reichen Orchideenvorkommen - das in NABU-Besitz befindliche NSG "Rothenstein-Schießplatz" und das NSG "Leutra-Cospoth". Der alte Straßenabschnitt wurde auf einer Länge von mehr als 3 Kilometern zurückgebaut und ist damit in einzigartiger Weise für Kleinst- und Großlebewesen wieder durchlässig gemacht worden. Ein bedeutender Durchbruch für die überregionale Wiedervernetzung von naturbelassenen Lebensräumen. Die Tiere können hier wieder gafahrlos wandern!


Durch das Wildkatzennachweisprojekt sollen, bei entsprechender Nachweissituation, ganz konkret forstwirtschaftlich intensiv genutzte Wald- und Landschaftsflächen langfristig aus den bisherigen konventionellen Nutzungskonzepten herausgenommen und effektiv an bestehende überregionale Wildkatzen-Lebensräume angebunden werden. Hiervon wiederum können eine Vielzahl anderer Wildtierarten profitieren. Das Projekt wird vorerst bis Ende 2017 durch den NABU Bundesverband gefördert. Zusätzliche tatkräftige Unterstützung wird das Nachweisprojekt durch die Bearbeitung konkreter wissenschaftlicher Fragestellungen von Studentinnen und Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena erfahren.

Wir führen im Rahmen unserer Projektarbeit regelmäßig Führungen und Exkursionen durch. Sollten Sie Interesse an etwaigen Informationen zum Projekt oder unseren Veranstaltungen haben, dann setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung:

Leitung des Projektes: Silvester Tamás
Projektinformationen: www.felis-lupus.de
info@felis-lupus.de
Tel.: 036427 - 2 17 26
Fax: 036427 - 2 17 27
Mobil: 0179 – 17 55 233